Fotografie

PROJEKT 
ATLANTICWALL MEMORIAL 
Eine kontinentale Ausstellung 

Ein Idee entsteht
Meinen ersten Kontakt mit dem Atlantikwall hatte ich im Dezember 1983 während eines Urlaubs im winterlichen Dänemark. Die einzigartige Aura der Bunker zog mich sofort in ihren Bann und hat mich bis zum heutigen Tag nicht wieder losgelassen. Seitdem verfolge ich das Schicksal dieser monumentalen Betonskulpturen mit leidenschaftlichem Interesse. 

Blåvand, DK, Oktober 2016

Die Idee zu ATLANTICWALL MEMORIAL entstand während meiner umfangreichen Recherchen, die ich seit vielen Jahren betreibe und ich gebe zu, dass mich die Vorstellung von einem kontinentalen Ausstellungsgelände zugleich reizt und in Erfurcht erstarren läßt. Denn den Weg durch das Gestrüpp nationaler Interessen und europäischer Instanzen zu ebnen wird vermutlich lange dauern. Diese Zeit werde ich dazu nutzen, meine Fotografien und die vielen ergänzenden Aspekte rund um den Atlantikwall in meinem Bildband „Ca O – Canvas after Ordeal” zusammenzufassen. 

In einem Flakstand in Frederikshavn-Nord, Nordjütland, Dänemark

Natürlich hat sich im Laufe von über 80 Jahren vieles verändert. Wind, Wetter, Hitze, Kälte und die damit verbundenen chemischen Prozesse im Beton haben die einst glatten Wände angenagt. Und auch die Natur hat mit biologischem Potenzial dafür gesorgt, dass durch einen würdevollen Alterungsprozess eine Integration in das Landschaftsbild eingesetzt hat, dessen Aussehen die Küsten des europäischen Festlandes weltweit einzigartig macht.

Dieser Beobachtungsstand in Heuqueville, Normandie, Frankreich, wird seinen neuen Status als europäisches Kulturerbe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr erleben. Aufnahme: Februar 2022.

Das wahre Wesen des Atlantikwalls erspürt man an den europäischen Westküsten am besten dort, wo der natürliche Verfall dieses über 6.000 Kilometer langen Bauwerks ohne weiteres menschliches Zutun verläuft. Diese wichtige Voraussetzung für gute Aufnahmen ist aber leider selten gegeben. Mein Bestreben ist es aber trotz dieser widrigen Umstände, den Atlantikwall als das vorzustellen, was er sein solte: 
ein Zeugnis expressionistischer Architektur, 
ein international mahnendes Kulturgut,
ein Kunstobjekt, das für sich selbst spricht und
eine Plattform, die zeitgenössischen Künstlern ermöglicht, die geschichtlichen und politischen Hintergründe der Objekte neu zu interpretieren.  
Mein persönliches Ziel bei diesem Projekt ist, einen Erkenntnisbeitrag zu leisten, der einen Umdenkprozess in der Gesellschaft einleitet. Die Zeit wird zeigen, ob das gelingt; es würde mich freuen.

YOZE4 kommt mir mittlerweile vor wie ein alter Bekannter, denn er hat seine Knochenmännchen über weite Teile des Atlantikwalls verteilt. Dieser hier befindet sich auf einem Regelbau 669 im Fort de Souzac, Saint-Georges-de-Didonne, Frankreich.

Kriegsbemalung
Graffiti ist aus unserem Stadtbild mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Mit der Street-Art hat sich ein Kunstzweig entwickelt, der eine Reihe fähiger und wahrhaft großer Künstler hervorgebracht hat. Neben dem 1% wirklicher Künstler, die ihre Arbeiten mit Talent, System und Konzept zu untermauern wissen, gibt es aber auch das Heer von Me Too, deren einziger Anreiz zum sprayen darin zu bestehen scheint, dem Nervenkitzel des Verbotenen zu frönen, ohne Rücksicht auf visuelle Verluste. Die Machtlosigkeit der Ordnungshüter wurde schnell offensichtlich und noch schneller waren die verfügbaren Flächen in der Großstadt aufgebraucht. Die Graffiti-Community drängte auf der Suche nach freien Flächen aufs Land und an den Strand, wodurch auch die Betonflächen des Atlantikwalls in kürzester Zeit in Mitleidenschaft gezogen wurden. Das Ergebnis: Statt eines Mahnmals der Erinnerungskultur, statt eines expressionistischen Architektur-Denkmals, begegnet uns an den Küsten oft ein optischer Supergau, der an die formverschleiernde Erlkönig-Beklebung der Autoindustrie erinnert, obendrein in knallbunt. Mit Gestaltung oder gar Kunst hat das nur in seltenen Ausnahmefällen zu tun. Die oben beschriebene Aura der massiven Betonskulpturen ist verborgen unter einer dicken Schicht Schminke. 

Bei diesem Feuerleitstand der Marine, M162a, muss der Begriff Tarnanstrich völlig neu definiert werden.
Die Stellung Gi09 war Teil der Festung Gironde Nord, 15 km Nord-westlich von Royan.

Als Fotograf UND Composingspezialist reizte mich der Gedanke, in ausgewählten Aufnahmen eine restaurierte, „ungeschminkte“ Ansicht zu zeigen. Diese Reihe von gereinigten Porträtbildern geben nun den Blick frei auf das wahre Gesicht von 80 Jahre altem Stahlbeton. 

Die wahrhaftigen künstlerischen Umsetzungen, die den Atlantikwall und seine Bauten ergänzen und mit neuem Sinn bereichern waren ebenfalls Gegenstand meiner Recherchen. In meinem Bildband habe ich diesem Thema zwei umfangreiche Kapitel gewidmet: „Pictures of an Exhibition – Vom Bollwerk zum Kunstwerk” und „Graffiti: Kunst aus der Dose – Wacks, Tags, Kings `n` Toys”. Bilder und Artikel rund um ATLANTICWALL MEMORIAL werden in meinem Blog ständig ergänzt.

PROJEKT FIAT LUX
Es werde Licht

Printformat dieses und aller folgenden Bilder: ca. 100 x 115 cm

Dixitque Deus fiât lux et facta est lux. (Genesis – Kapitel 1, Vers 3)
Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. Mein Ansatz bei diesem Projekt ist, dem oben beschriebenen göttlichen Beleuchtungsprozess so nahe wie möglich zu kommen. Das heißt: So wenig wie möglich sichtbarer Körper, keine störende Atmosphäre (die ja auch nichts anderes ist als eine Ansammlung von ganz vielen kleinen Körpern).

Erste Überlegung
Die zu 100% reine Sichtbarkeit eines bestehenden Lichts zeigt im Idealfall nicht mehr als einen langweiligen weissen Punkt auf schwarzem Grund oder, je nachdem, wie weit weg die Lichtquelle ist und ob die Zeit ausreichte, diese Distanz zu überbrücken, vielleicht auch nur weiss oder nur schwarz (also eigentlich auch nichts). Der Zustand „Leuchten“ erlangt einen gewissen Grad an Relevanz nur dann, wenn etwas BE-leuchtet, und dadurch sichtbar wird. Außerdem sagt „Leuchten“ noch nichts über das Werden oder Vergehen des Lichts aus. 

Zweite Überlegung
Fiat Lux (es werde Licht) beschreibt den erhellenden Teil der Lichtwerdung, den Augenblick der Entstehung des Lichts, bei dem zwar schon entstehende Helligkeit sichtbar wird, aber noch nichts zu erkennen ist. Sozusagen der Moment, an dem der Schalter umgelegt wird. Ich stelle mir da all diese kleinen ahnungslosen Atome vor, die von der soeben startenden Veränderung vollkommen überrascht sind, in der Eile noch gar nicht wissen, wo ihr Plätzchen ist, und die eilig auf ihrem Weg durch die beginnende Dreidimensionalität des entstehenden Raumes sind, um die beginnende Farbe und unfertige Form in erkennbare Ordnung zu verwandeln.

Das Experiment
Ich arbeite mit möglichst durchscheinenden Materialien wie Wasser und Glas. Ich fotografiere diese Kombination in einer Langzeitbelichtung, jedoch mit Blitzunterstützung. Das Ergebnis ist ein vollkommen unberechenbares dreidimensionales Lichtspiel aus einer Bewegung heraus, in der noch nichts Gegenständliches erkennbar ist, das aber schon eine Ahnung von einem Körper in einem Raum zulässt.

 

STOPOVER
Reiseberichte

Cape Range Nationalpark, Indian Ocean, WA, 20.1.2020

Wir stehen mit unserem Camper seit drei Tagen 40km südwestlich von Exmouth. Wie üblich eigentlich nicht erlaubt, wie üblich allein. In der Nebensaison kommt die Municipal Police nur einmal die Woche kontrollieren. Im Gegensatz zum NP Ranger, der grüßt freundlich jeden Morgen, wenn wir uns auf meinem Rückweg vom Strand auf den Dünen begegnen. Genau wie ich, kontrolliert er am Strand die Spuren, die werdende Schildkrötenmütter hinterlassen haben. Eine Spur aus dem Meer raus und eine frischere, wieder zurück. Aber heute morgen fehlt bei einer Spur der Rückweg. Auf so einen Moment habe ich gehofft, denn das bedeutet, dass Mutter Turtle noch irgendwo in den Dünen mit der Eiablage beschäftigt ist. 

Ich folge der Spur und schon hinter der nächsten Düne wird schwer geschuftet und geschnauft: Eine grüne Meeresschildkröte (auch Suppenschildkröte genannt) ist noch immer dabei, ihr letztes Nest zuzuschaufen. Es wird höchste Zeit, denn die Sonne brennt um halb acht schon unerbittlich und den Rückweg zum rettenden Meer verlegt eine steile Düne. 

Hier muss nicht nur das 80 kg schwere Muttertier drüber, sondern in 8 Wochen auch der ganze Nachwuchs, der sich während der Klettertour Nachts vor Krebsen und tagsüber vor Vögeln in Acht nehmen muss. Ist dann der Weg durch die Brandung ins Meer geschafft, werden sie weiteren hungrigen Feinden direkt vors Maul gespült. Nicht viele von diesen 200 bis 300 knapp handtellergroßen Winzlingen werden es schaffen.

Durch die Wüste, Teil 2 – Great Sandy Desert, WA, Ripon Hills – Telfer, 5. Feb. 2020

  Östlich der Ripon Hills regieren Sonne und Sand.

90 km östlich von Marble Bar endet das Steppengelände mitten im Ex Meentheena Areal mit einem kurzen hügeligen Intermezzo. Dann beginnt die australische Wüstenlandschaft. Kilometerlange, bis zu 25 Meter hohe Dünen wechseln sich ab mit steinigen Felspassagen und über allem liegt dieser staubfeine eisenhaltige Sand. Ich befinde mich am westlichen Ausläufer der Großen Sand Wüste, die auch sofort zeigt, was sie alles drauf hat. 

  Keuch, Hust, Spotz – Klick! Immer schön auf dem Auslöser bleiben.

Los geht ́s schon nach wenigen Minuten mit einem recht ordentlichen Dust Devil, der jetzt auf mich zurast und direkt vor mir über die staubige Piste tobt. Diese kleinen Wirbelstürme, sind in Western Australia häufig zu beobachten, bisher hatte ich sie aber nur aus der Ferne gesehen. Natürlich muss ich sofort aus dem Toyota springen, um das Ereignis festzuhalten. Die Gegend brennt! Sturm und Staub lässt mir keinen Atem. Dazu kommt mit 50° eine unbeschreibliche Hitze! Nach weniger als einer Minute ist das Schauspiel weiter gezogen und ich bin zurück im Auto. Das Equipment und ich haben uns dem Orangerot der Landschaft angepasst. Harte Bedingungen für die Kamera.
Von den Telfer Mines kommen mir im 20-Minuten-Takt die Roadtrains entgegen. Man erkennt sie schon von weitem an den mächtigen Staubfahnen, die sie hinter sich herziehen. Da heisst es jedesmal schleunigst am Strassenrand anhalten und in Deckung gehen, denn Weiterfahren bedeutet absoluten Blindflug. 

98 Räder, die jede Menge Staub aufwirblen! Ich kurbele dieses Mal rechtzeitig die Fenster hoch, lasse die 60 Meter langen Umgetüme passieren und freue mich, dass nach einer Minute die Landschaft wieder aus dem orangen Nebel auftaucht.

  Wahrscheinlich war ein Reifenbrand die Ursache für das Unglück.

Einer kam nicht durch. Der Fahrer des Tanklastzuges hatte Glück im Unglück, denn dieser Pistenabschnitt ist gut frequentiert. Viel länger als eine halbe Stunde musste er in der mörderischen Wüstenhitze sicher nicht auf eine Mitfahrgelegenheit warten. Das ausgebrannte Wrack bleibt zurück. Es ist nicht das Einzige in dieser Wüste.

  Jede Menge Warnungen vor allem Möglichen, aber eine fehlt: Dusty when Dry!

Dann stehe ich plötzlich mitten in der Wüste vor einem Schlagbaum! Ende Gelände. Hier beginnt das Areal von Newcrest Mining, dem größten Gold und Kupfer-Förderer Australiens. Die Bergarbeitersiedlung hat die Ausmaße einer Kleinstadt, mit allem Komfort – in der Mitte von Nichts. Leider haben nur Minenarbeiter Zutritt. Mein Versuch, mich mit meinem kleinen Klappspaten als Digger Wolfi reinzuschmuggeln, scheitert kläglich. Da ich hier also nicht wie geplant nachtanken kann und die nächsten Orte Aborigines Communities sind, in denen es keinesfalls sicher ist, ob die eingezeichneten Tankstellen zu dieser Jahreszeit Sprit verkaufen, lautet die Erkenntnis: das war´s mit der letzten Möglichkeit, den Lake Disappointment zu erreichen. Allerdings geht das Abenteuer weiter: Es ist schon Abend und ich habe noch mindestens 140 km Piste und nochmal die Ripon Hills vor mir.

Übrigens, für alle Interessierten, die mit dem Gedanken spielen, sich selbst mal auf ein solches Abenteuer einzulassen: In diesen Gegenden ist weder der australischen Road Map noch Mrs. Google Maps zu trauen. Die Hauptverbindungen zu den Aborigines-Communities werden, vor allem während der Zeit mit heftigen Regenfällen, zwar immer mal wieder mit Raupen instand gesetzt, dabei werden aber auch unwichtigere Abzweige zugeschüttet, wohl um die Offroad-Touristen in diesen Monaten vom Innersten der Wüste fern zu halten.

Durch die Wüste, Teil 1 – Great Sandy Desert, WA, Marble Bar – Telfer, 5. Feb. 2020

  Laut Klimaexperten ist Marble Bar sogar der heißeste Ort der Welt.

Willkommen in Marble Bar, dem heißesten Ort Australiens! Das Thermometer zeigt morgens vor 09:00 Uhr bereits recht lauschige 42°. Diese Hitze ist dem Ortsschild-Designer wohl auf´s Hirn geschlagen: Wenn die Sonne scheint, also quasi immer, kann man nichts lesen.

  Der Coongan River bildet hier mehrere schöne Pools.

Paradiesische Fleckchen bieten die Wasserlöcher des beinahe ausgetrockneten Coongan River. Wie so oft zu dieser Jahreszeit, habe ich mal wieder die Gegend für mich alleine, sowohl am Chinamans Pool, als auch am Marble Bar Pool. Gut, dann werde ich mal die Nacktbadesaison eröffnen. Das Wasser hat angenehme 26° und ist kristallklar. 

  Die In Horror, Rest In Peace.

Später im Ort erfahre ich das es am Rand der Wüste, vor allem ums Überleben geht. Das beweist eindrucksvoll eine Gedenkstätte mit hunderten von Plaketten, auf denen Namen und Todesursache der Einwohner eingraviert wurden. Schnell wird klar: das Zeitliche segnet man hier selten im Bett. Hitzschlag, verdursten und erschossen werden sind ebenso häufig vertreten wie tödliche Speerwunden und – Tod durch ertrinken! 

  Und jetzt alle: „Oh Djangooooo, after the showers the sun will be shining.“

Als Westernfan besuche ich natürlich auch den örtlichen Friedhof. Okay, den Django Theme Song muss man sich jetzt dazu denken, aber sonst ist das Showdown-Szenario schon recht authentisch. 

  Ein guter Ruf verpflichtet. Temperaturanzeige, auf zwei Stellen hinter dem Komma.

Der Colt sitzt aber auch in Marble Bar locker. Dieser Umstand wurde dem örtlichen digitalen Thermometer zum Verhängnis, denn jemand, dem die ständige Hitze auf den Zeiger ging, hat versucht, das Problem mit einem gezielten Schuss in die „2“ zu lösen. Jetzt ist ein Loch im Display, heiß bleibt es trotzdem.

Offroad, Feb. 2020, Teil 2

  Um diese Jahreszeit ist wenig Verkehr auf der Jigalong Road. Caramulla Creek, WA

Die Strassenverhältnisse sind angespannt, der Toyota schafft bisher aber alle Wasserlöcher und Sandpassagen souverän, auch wenn hin und wieder der kleinste Geländegang nötig ist.

  Skull Springs Road: Durch den Nullagine River, Woodie Woodie, WA

Mit meinem Landcruiser bin ich mittlerweile auf Du und Du. Die Gespräche, die wir führen, sind zumeist existenzieller Art: „Diese Pfütze da vorn ist doch ́n Klacks für Dich, also untersteh ́ dich, hier aus irgend  ́nem Grund abzusaufen, denn sonst steht uns hier JWD das Wasser nicht nur bis zu den Knien!“ Toyota versteht, wünscht sich den 4WD-Gang für die besonderen Fälle und legt brüllend los. Es geht abwärts. Die Motorhaube verschwindet unter einer Wasserwand, dann klatscht die braune Brühe gegen die Windschutzscheibe. Das ist, so allein hier draussen im Outback, schon ein sehr spezielles Erlebnis.

  Interessierte Beobachter im Eukalyptus über mir: Schafft er´s, schafft er´s nicht?

  Das steigende Wasser des Lions River hat die Ebene innerhalb von 2 Stunden in einen See verwandelt.

Sagenhafte Geräusche macht der Schnorchel, der auf der Fahrerseite direkt am oberen Ende der A-Säule seine Öffnung hat. Mitten im Teich kriegt der Toyota ganz kurz Schluckauf – zu kurz, um stecken zu bleiben – aber lange genug, um auch meinem Herzschlag ein paar ausserplanmäßige Extraschläge in den Stakkato-Rhythmus einzubauen. Ich bleibe unverdrossen auf dem Gas und wühle mich auf der anderen Teichseite schlingernd den Sandberg hoch. Dann ist es geschafft! 

  Noch einen letzten Arm des Nullagine River durchqueren, dann ist es geschafft.

„BOCHCHCHCHCHCH“ macht der Toyota. „Toll gemacht, Alter!“ Ich spare nicht mit Lob und verspreche außerdem hoch und heilig, das nächste Mal vorher dran zu denken, den Scheibenwischer anzuschalten und die Dreiecksfenster zu schließen. 

  Ab hier wird es staubig: Woodie-Woodie Road, Great Sandy Desert, WA

Offroad, Feb. 2020, Teil 1

  Skull Springs Road, Nullagine Area, WA

„Living the Dream“, ruft mir fröhlich der Mann an der Tanke in Perth zu, als er sieht, dass ich auch noch einen 20-Liter Reservekanister befülle, nachdem ich dem Landcruiser schon 160 L Diesel spendiert habe. Sicher ist sicher, denke ich, denn ganz viel Treibstoff ist jetzt nicht nur gut für eine hohe Reichweite des Fahrzeugs, sondern soll auch gegen innere Unruhe aufgrund fehlender Offroad-Erfahrung helfen. Außerdem weiss ich, dass die Gegenden, in die ich jetzt fahren will, erhebliche Lücken im Tankstellennetz aufweisen.

  Abendstimmung am Kumarina Roadhouse. Morgen wird es ernst.

Im Bekanntenkreis wurde die Idee, so einen Trip ins Ungewisse ganz alleine durchzuziehen, gelinde gesagt als etwas außergewöhnlich eingestuft, aber wenn keine irreparable Panne oder ein schwerer Unfall passiert, überwiegen die Vorteile: Wenn keiner da ist, gibt’s auch keine Diskussionen und keine faulen Kompromisse. Alles allein meine Entscheidung.

  Dust Devil in der Great Sandy Desert, Telfer Road, WA

Mein Ziel ist der Lake Disappointment mitten in der Great Sandy Desert und ich habe mich mit 50 Litern Trinkwasser auf große Hitze und Trockenheit eingerichtet. Natürlich kommt alles ganz anders. 

  Ex Giralia, Exmouth Gulf, WA

Denn wenn im wöchentlichen Rhythmus vom indischen Ozean her gigantische Tiefdruckgebiete ihre Wassermassen auf das westaustralische Festland schaufeln, kann auch eine Reise in die Wüste mal ins Wasser fallen, oder zumindest abenteuerlich werden.

  Banjima Drive, Karinji NP, WA

West-Australien, Offroad, Februar 2020

Kein Sex am Cattle Pool

Lyons River in der Nähe des Mt. Augustus, eines Inselbergs in der Mitte von nichts. Der riesige Nationalpark gehört mir im Moment ganz alleine, denn im Südosten wütet noch der letzte Cyclone und verhindert damit die Zufahrt in diese Region, während bereits gestern im Nordwesten der nächste Tropensturm für gesperrte Straßen sorgte. Ich flutschte zwischen beiden gerade noch bis hierher und jetzt geht’s erst mal nicht weiter.

  Goulds Warane erreichen eine Länge von 1,4 m.

Die ungestörte Einsamkeit nutzt ein Gouldswaran-Pärchen zur Zweisamkeit – mitten auf dem Campground. Ich versuche, mit dem Tele im Anschlag, unbemerkt im Hintergrund zu bleiben. Erfolglos. 

  Ich bin schneller weg, als du gekommen bist!

Och-Nööö! Also so beobachtet verliert Madame augenblicklich die Lust an der Liebe und huscht – einsfixdrei – unter ihrem Begatter weg. 

  Bääääh, alter Spaßverderber!

Schluß mit Lust! Aber der Herr hat noch gar nicht geschnallt, dass er jetzt mit runter gelassener Hose ganz alleine dasteht. Es dauert noch zwei Minuten, bis auch er sich auf den Rückweg aus dem siebten Himmel macht. Verärgert streckt er mir die Zunge raus und trollt sich dann ebenfalls.

Offroad, Western Australia, Februar 2020

Unter Sternen

Der unschätzbare Vorteil eines Soloritts durchs Outback ist dieser: Ich fahre, solange ich will, wohin der Wind mich weht und halte an, wo ich will. Oft sind allerdings unwetterbedingte Umwege dafür verantwortlich, dass ich bei Einbruch der Nacht mitten im Nirgendwo strande.

  Ethel Creek – Jigalong Road, Fortesque-River, WA

Später in der Nacht liege ich auf der warmen Motorhaube meines Landcruisers und genieße einen fantastischen Sternenhimmel in absoluter Einsamkeit und Stille. Absolut deshalb, weil jetzt, eine Stunde nach Sonnenuntergang, weder Fliegen noch Mücken unterwegs sind, um die Ruhe zu stören. Auch die Zykaden haben beschlossen, dass sich ein Streichkonzert für einen einsamen Zuhörer nicht lohnt. 

  Ethel Creek – Jigalong Road, Fortesque-River, WA

Zwei, drei klägliche Rufe eines Tieres irgendwo in sehr weiter Ferne, dann wieder vollkommene Ruhe, denn selbst der Wind hält heute Nacht den Atem an. Natur pur. Perfekte Bühne für einen ganz großen Auftritt: Die Milchstraße zeigt sich in der sauberen Luft in reinster Form und ich lasse mich vom Toyota in diesen unendlichen Raum fallen, der sich über mir öffnet. 

  Skull Springs Road, Big Sandy Desert, WA

Etwas Melancholie mischt sich in mein erfürchtiges Staunen, denn eben wird mir klar, dass es mehr als 62 Jahre gedauert hat, bis ich dieses Schauspiel das erste Mal erleben darf. Immerhin, es findet genau jetzt und hier statt. Das alleine ist schon fast die lange Reise wert.

  Monduntergang, Milligan Island, WA

Western Australia, Bidjara-Aborigines 
Carnarvon, WA, 14.02.2020
Nach einem abenteuerlichen Zwischenfall im Outback bin ich für ein paar Tage in dieser Kleinstadt an der Westküste Australiens gestrandet. Das Zusammentreffen mit den Ureinwohnern war bisher selten und wenn, dann eher unerfreulich. Das ändert sich bei einem Spaziergang an der Uferpromenade.

Es ist erst 12 Uhr Mittags. Trinken in der Öffentlichkeit ist zwar (ganz besonders für Aborigines) verboten, aber am Valentinstag wollen sich diese 12 vom Bidjara-Clan mal so richtig gut amüsieren. Man hat sich bereits ordentlich einen geballert und ist entsprechend locker drauf.

Da kommt dieser komische Vogel mit seiner Kamera gerade zur rechten Zeit. „Eeeey, Cowboy, cumon, take a picture!“ Na, diese Gelegenheit, mein schiefes Bild vom australischen Ureinwohner gerade zu rücken, werde ich mir doch nicht entgehen lassen. Man erfährt, dass der Cowboy aus Germany kommt, „Ahh, been there, in Rotterdam, played Drums and Guitar!“, es gibt dicke Komplimente „I love your blue eyes.“ und es entstehen ein paar unglaublich fröhliche Bilder. Man schmeißt sich in Positur, mal der mit dem, mal die mit den anderen, mal alle mit mir und plötzlich reicht mir jemand mit Schwung meinen Kamerarucksack – der noch OFFEN ist!!!

Ich habe kurz ein ganz schlimmes Deja Vue, was Kameraschäden betrifft, die unvermeidliche Katastrophe bleibt aber aus, denn es fällt dieses Mal nichts raus und am Schluss kriege ich sogar meine Cheapo-Sunglasses wieder. Es folgt eine wortreiche Verabschiedungsszene inklusive um-den-Hals-fallen. Küsschen-Küsschen, kann ich grade noch so vermeiden!!! Fazit: Das Leben im Fahrwasser der australischen Wohlfahrt mag angenehm sein, gesund ist es aber sicher nicht, denn für die Aborigines hier ist leider jeder Tag ein Valentinstag.


Neuseeland, 24.03.2017
Porträt 1

Auf unserer Reise durch Neuseeland 2017 besuchten wir an einem Samstag in Nelson auch den Handicraft Market. Hier gab es viel zu sehen, alles zu kaufen und ein paar Porträtaufnahmen von den durchweg freundlichen Kiwis kostenlos dazu.